Dienstag, 30. Juni 2020

an der Hohen Wand (17): das Schlagloch

An der Hohen Wand 
sind manche Strassen imposant, 
und andere ziemlich derangiert, 
mit Löchern ausstaffiert, 
farblich grau in grau, 
und auch sonst eher flau. 
Selbst der angedeutete Kreis 
verdient keinen Preis. 
Nichts hält also den Blick, 
und er kehrt zur Wand zurück. 





Montag, 29. Juni 2020

an der Hohen Wand (16): die Bank

An der Hohen Wand 
gibt es neben vertikalem Stand 
auch das Sitzen, das horizontale, 
als schlicht-minimale 
Version: 3 Bretter, 2 Stützen, 
mit viel Zwischenraum und Schlitzen, 
mit viel Luft und Gras und Bäumen, 
und der Freiheit, davon auch zu träumen. 


Sonntag, 28. Juni 2020

an der Hohen Wand (15): das Vogelhaus

An der Hohen Wand 
lebt ein Querulant 
in diesem Vogelhaus. 
Zwar fliegt er ein und aus; 
aber wie lange er jeweils drinnen bleibt 
und an seinen Memoiren schreibt, 
weiss nur er. 
Und auch das erst hinterher. 


Samstag, 27. Juni 2020

an der Hohen Wand (14): Kanaldeckel

An der Hohen Wand 
blickt der Passant
nach oben - 
überragen doch dort droben 
die Felsen die Bäume 
und bilden steinerne Räume,  
die zu schweben scheinen. 
Der Passant, zu zwergenhaft kleinen 
Dimensionen marginalisiert, 
blickt, leicht irritiert, 
zu Boden. Und dort steht geschrieben, 
mit Lettern, in Metall getrieben: 
Fremdling, das ist die "Hohe Wand" - 
sagt Dir Dein Abwasserverband. 




Freitag, 26. Juni 2020

an der Hohen Wand (13): Kühe

An der Hohen Wand 
wird man überrannt 
von frei vazierenden Kühen: 
Sie leben ihre Revuen, 
in vollem Wissen 
um die prächtigen Kulissen. 
Und alles wie-
der mit Geometrie: 
die Kühe horizontal, 
die Felsen vertikal. 
So bleibt alles im Rechten Win- 
kel. Als "stehende Ordnung" mithin. 


Donnerstag, 25. Juni 2020

an der Hohen Wand (12): das senkrechte Haus

An der Hohen Wand 
bringt der Lieferant 
das Haus in Teilen - 
und wie die Felsen es stylen! 
Auch die Kräne 
passen zur senkrechten Szene, 
und der steinerne Hai 
ist für immer dabei. 


Mittwoch, 24. Juni 2020

an der Hohen Wand (11): Strassen-Namen

An der Hohen Wand 
werden alle Strassen benannt: 
nach Orten und Männern 
nach Gasthäusern und Entertainern
nach Tages- und Jahreszeiten 
nach Tieren und Baulichkeiten. 
Besonders weit 
bringt es aber die Selbstbezüglichkeit:  
Sie bleibt das Mass aller Masse - 
daher gibt es auch die "Hohe Wandstrasse". 




Dienstag, 23. Juni 2020

an der Hohen Wand (10): das Tattoo

An der Hohen Wand
liegt ein ausgedehntes Pferde-Land. 
Die dortigen Schimmel, 
bekannt für ihren Body-Fimmel, 
sind stolz auf ihre Tattoos. 
Das ist leicht abstrus: 
sind sie doch schmerzhaft eingebrannt, 
und die Codes weitgehend unbekannt. 


Montag, 22. Juni 2020

an der Hohen Wand (9): der Regenbogen

An der Hohen Wand 
ist ein gelegentlicher Passant 
der Regenbogen. 
Immer äusserst ausgewogen 
steht er plötzlich da, 
dem Kreis so nah, 
irgendwie 
ein direkter Abkömmling der Geometrie. 
Nur: wo ist der Konstrukteur, 
und wer? 
So wie der Bogen kommt, so geht er auch. 
Es bleibt ein feuchter Hauch. 




Sonntag, 21. Juni 2020

an der Hohen Wand (8): Wolken

An der Hohen Wand 
sind die Wolken exorbitant. 
Sie rasen 
dermassen 
dass wir unserem Schauen 
nicht mehr vertrauen. 
Sie verdichten 
zu kompakten Schichten 
und neuen Horizonten 
jenseits der gewohnten.
Sie bilden Leerräume 
für unsere Träume: 
dann zieht ein Yellow Submarine 
still daher und dahin. 

















Samstag, 20. Juni 2020

an der Hohen Wand (7): Bäume

An der Hohen Wand
gibt es einen grossen Bestand 
an Bäumen, 
die in den Räumen 
und Weiten, 
wo sie sich ausbreiten, 
extrem verdichtet stehen - 
selbst fast als Wand anzusehen: 
opak, und hermetisch wie 
exzellente Kalligraphie. 







Freitag, 19. Juni 2020

an der Hohen Wand (6): Reifen

An der Hohen Wand 
gibt es auch einen Autobestand, 
der zumeist nicht sehr sichtbar ist - 
und er wird nicht vermisst. 
Aber wenn dann die Blicke schweifen
entdecken sie Berge von Reifen 
im grünen Gras. 
Im Übermass. 



Donnerstag, 18. Juni 2020

an der Hohen Wand (5): die Wegmarkierung

An der Hohen Wand 
wird manches morbid-elegant: 
Des toten Vogels weiss-gelbes Gefieder
kehrt so etwa wieder
in der weiss-gelben Wegmarkierung - 
als farbliche Codierung 
der geteilten Konklusion 
(und wir kennen sie schon): 
Dass jeder Weg
irgendwann zu Ende geht.
 




Mittwoch, 17. Juni 2020

an der Hohen Wand (4): der Tod des Vogels

An der Hohen Wand 
hebt der Tod die knöcherne Hand, 
holt den Vogel vom Himmel, und 
schmettert ihn ohne besonderen Grund
auf die Strasse - 
den Würmern zum Frasse. 
Die gelb-schwarze Feder 
im geplatzten Geäder 
nobilitiert die Leiche 
in ihrer sonstigen Bleiche. 



Dienstag, 16. Juni 2020

an der Hohen Wand (3): die schwarzen Schafe

An der Hohen Wand 
wird es manchmal redundant: 
z.B. wenn der Fotograf 
nach dem einen schwarzen Schaf 
nun eine ganze Herde sieht - 
bringt das den grossen Unterschied? 
Ist jetzt das schwarze Schaf das weisse? 
Wenn Ja: Wo enden solche Wendekreise? 



Montag, 15. Juni 2020

an der Hohen Wand (2): das schwarze Schaf

An der Hohen Wand 
gibt es so allerhand: 
z.B. sieht der Fotograf 
hier ein echtes schwarzes Schaf! 
Sie existieren also real, 
und nicht nur rhetorisch-funktional. 
Auch es sieht ihn, 
wird aber unbeeindruckt weiterziehn. 





Sonntag, 14. Juni 2020

an der Hohen Wand (1): der Hai

Die Hohe Wand 
ist ziemlich bekannt: 
nicht weit von Wien, 
schon ein bisschen alpin - 
und doch, so nebenbei, 
wohnt dort ein Hai! 
Und blickt aus der Wand 
aggressiv und penetrant. 




Dienstag, 9. Juni 2020

Best of B.D. (56): die Bibliothek als Geliebte

17.5.2015 - 293. Episode: Library Song Contest





















A.E. (Alter Ego): Als Bewohner der digitalen Welt zeigst du immer wieder eine verdächtige Schwäche für das Analoge ...
B.D.: Ja, wenn es um Bücher und Bibliotheken geht. Die seit dem Song vergangenen 5 Jahre haben daran nichts geändert, im Gegenteil. Und Bibliotheksneubauten sind inzwischen die formal interessantesten und kreativsten Architekturobjekte.
Die digital library dagegen evoziert keine Bilder, sie lebt nur in ihren Funktionen.

Freitag, 5. Juni 2020

Best of B.D. (55): Bücher im Internet

15.3.2015 - 284. Episode: das Internet der Dinge




















A.E. (Alter Ego): Viel hat sich ja nicht getan seither mit den und für die Bücher im Internet. Sie schauen immer noch gleich aus mit ihren Seiten von vorne nach hinten, und auch Amazon verkauft lieber anderes online, wie sich in Corona-Zeiten gezeigt hat.
B.D.: Ja, wie sich überhaupt die Aufregung über das "Internet der Dinge" ziemlich gelegt hat - ist es doch nicht viel anderes als "Dinge im Internet"- wobei ja gar nicht die Dinge selbst im Internet sind, sondern nur ihre 0-1-Repräsentanten. So what?

Montag, 1. Juni 2020

Best of B.D. (54): Bewegungs-Kürzel

21.12.2014 - 272. Episode: Vorbild Wutbürger




















A.E. (Alter Ego): Diese Kürzelei hat es immer schon gegeben.
B.D.: Ja, aber mit dem Internet hat das in den letzten Jahren massiv zugenommen: In den Social Media wird es zum Zeichen und Nachweis der eigenen Kreativität, in Twitter auch zum Ordnungsinstrument und Suchstring, mit Hashtag nobilitiert.